Von Satyr und Silen, Pan und Faun
In der griechisch-römischen Antike galt die gesamte Natur von Göttern beseelt. Bäume und Quellen waren das Reich der Nymphen, weiblichen Schönheiten, die kein Sterblicher ungestraft erblicken durfte. Die Wälder gehörten der Satyrn oder Silenen, während die Weideflächen von Pan und seinem römischen Partner Faun bewacht wurden. Doch die männlichen Naturgötter wurden bald vermischt, sodass wir sie heute nicht immer eindeutig identifizieren können.
Satyrn und Silene waren ursprünglich recht rauhe Gesellen. Sie hatten zwar menschliche Gestalt, besassen aber Pferdeohren und –schweif, manchmal auch Pferdebeine oder zumindest doch Hufe. Typisch war auch die starke Behaarung und ein "tierischer" Gesichtsausdruck: breite, flache Nase, grosser Mund und runde Augen. Und natürlich waren sie als Fruchtbarkeitsbringer mit einem übergrossen Phallus ausgestattet. So war auch eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, den anmutigen Nymphen nachzustellen.
Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. gehörten die Satyrn zum Gefolge des Dionysos. Mit der Zeit entwickelte sich das Bild des etwas fetteren, glatzköpfigen und mit Weinlaub bekränzten Silens, der reichlich dem Wein zusprach. Entsprechend häufig finden wir Satyrn und Silene auf Trinkgefässen, entweder als Zecher, oder aber beim Liebesspiel mit den Nymphen. Diese "unsittlichen" Kunstwerke sind freilich kaum in Museen öffentlich ausgestellt.
Mit den Satyrn hatte der Hirtengott Pan den grossen Phallus und seine Zuneigung zu Nymphen gemein. Pan gilt als Sohn des Hermes, der aus Liebe zu Dryope die Schafe ihres Vaters hütete. Doch das gemeinsame Kind hatte Ziegenbeine und Hörner – Dryope floh vor Schreck. Hermes trug das Kind zum Olymp, und die Götter freuten sich über den drolligen Kerl.
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Pan wurde zum Gott der Hirten, der ihre Herden bewachen sollte. Aber er trieb auch Schabernack mit den Tieren. Wenn sie plötzlich ohne ersichtlichen Grund davon stoben, so hatte Pan sie erschreckt. Im Wort "Panik" lebt diese Vorstellung fort.
Pan (und auch der römische Faun) wurde zunächst als Mischwesen zwischen Mensch und Ziegenbock dargestellt. Manchmal war er kaum vom Bock unterscheidbar, manchmal überwogen die menschlichen Züge. Sein Metier war die Musik, und er gilt als Erfinder der Rohrflöte: Einst verfolgte Pan die Nymphe Syrinx. Doch diese wollte nichts von ihm wissen. In letzter Not wurde sie in Schilfrohr verwandelt. Aus diesem Rohr baute Pan seine erste Flöte, um der Geliebten immer nahe zu sein. Die Panflöte trägt noch heute ihren Namen.
Wie die Satyrn wurde Pan im 4. Jahrhundert v. Chr. in den Kreis um Dionysos aufgenommen. Nun gab es keinen einzelnen Hirtengott mehr, sondern viele Pane nahmen an den ausschweifenden Gelagen teil.
Die Darstellung glich sich immer mehr den Satyrn an. Nur noch die Bockshörner können zur eindeutigen Unterscheidung dienen.
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Quellen
- Moritz, K.Ph. (1791): Götterlehre der Griechen und Römer. - In neuer Bearbeitung herausgegeben von M. Oberbreyer; 314 S., Leipzig (Philipp Reclam jun.), o.J. [Vorwort datiert 1878].
- Vollmer (1874): Wörterbuch der Mythologie. 3. Aufl., LXX & 456 S., Stuttgart (Hoffmann'sche Verlagsbuchhandlung). - 7. Reprint 1990, Zentralantiquariat der DDR, Reprintverlag Leipzig; Ausgabe für Fourier Verlag, Wiesbaden.
- Wamser, L. (Hrsg.) / Zahlhaas, G. (Red.) (2000): Pferdemann und Löwenfrau. Mischwesen der Antike. - Ausstellungskataloge der Archäologischen Staatssammlung, Bd. 31: 176 S., München.
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© MMIII by J. Georg Friebe
Erstellt am 10.08.2003
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